Pferde haben ein hohes Maß an Kommunikationsbereitschaft. Sie reagieren sensibel auf die Gefühlszustände ihres Gegenübers, welche sie über dessen Körper, Bewegung und Muskelspannung wahrnehmen. Pferde spüren, wenn gesprochene Worte und Körpersprache nicht übereinstimmen. Der Bewegungsdialog kann sitzend, liegend oder stehend auf oder neben dem Pferd stattfinden. Man kann sich passiv tragen lassen oder aktiv die Bewegung steuern und lernen, sich selbst zu spüren. Für die Therapie eignen sich gesunde, artgerecht gehaltene Tiere. Die nonverbale Interaktion wird von Therapeut*innen verbalisiert. Mit ihrer Hilfe erleben Klient*innen natürliches Biofeedback durch die Rückmeldung des Pferdes auf das eigene Verhalten.
Video: Doku – die heilende Sprache der Pferde
Anwendung bei:
Wahrnehmungsauffälligkeiten, Entwicklungsschwierigkeiten (auch aus dem autistischen Formenkreis), Teilleistungsschwächen, ADS und ADHS, Verhaltensschwierigkeiten, Lernschwierigkeiten, Sprach- und Kommunikationsauffälligkeiten, Erkrankungen des zentralen und peripheren Nervensystems, Erkrankungen des Stütz- und Bewegungsapparates, Muskel- und Stoffwechselerkrankungen, Mehrfachbehinderungen.
Ablauf und Wirkungsweisen der vier Bereiche
Das Österreichische Kuratorium für Therapeutisches Reiten ÖKTR unterscheidet vier individuell auf die Bedürfnisse der Klient*innen abgestimmte Sparten:
1) Hippotherapie unterstützt als physiotherapeutische Maßnahme bei unterschiedlichsten neurologischen Bewegungsstörungen und dadurch beeinträchtigter Gehfähigkeit. Die ärztlich verordnete Behandlung erfolgt durch Ergotherapeut*innen mit entsprechender Zusatzausbildung. Das auf dem warmen Pferderücken sitzende oder liegende Kind reagiert auf die komplexen Bewegungen des Tieres. Dadurch wird die Arbeit der eigenen Rumpfmuskulatur gegen die Schwerkraft gefördert. Ein Gefühl für eine stabile symmetrische Körperhaltung entwickelt sich. Die Vorstellung des Bewegungsplans „Gehen“ kann so vermittelt werden. Neben Gleichgewicht und Koordination werden auch Atmung sowie die gesamte Sensorik angesprochen. Ziel ist das Erreichen eines harmonischen Bewegungsmusters.
2) Ergotherapie mit ausgebildeten Pferden unterstützt bei verlorengegangener oder nicht vorhandener Handlungsfähigkeit im Alltag. Nach ärztlicher Verordnung leiten Ergotherapeut*innen mit einer Zusatzausbildung die Therapie mit dem Pferd, auf dem Pferd sowie Tätigkeiten im Umfeld des Pferdes an. Pferde haben ein hohes Aufforderungspotential, mit ihnen in Kontakt zu treten. Ziel ist die Verbesserung der Eigen- und Fremdwahrnehmung, der Grobmotorik, der Selbstständigkeit, der Handlungsplanung, der Eigenaktivität und Selbstverantwortung.
3) Heilpädagogisches Voltigieren und Reiten (HPV/R) mit lernpsychologischen Elementen ist vor allem für Menschen mit Wahrnehmungs- und Sprachstörungen, Teilleistungsschwächen, Sinnesbehinderungen, Problemen im emotionalen und sozialen Bereich sowie bei Verhaltensauffälligkeiten gut geeignet. Therapeut*innen und Klient*innen klären gemeinsam, ob Probleme, die bei der Interaktion mit dem Pferd sichtbar werden, auch im Alltag eine Rolle spielen. Neue Kommunikations- und Handlungsmuster sowie verändertes Auftreten können mit dem Pferd erprobt und reflektiert werden. Ziel ist eine positive Beeinflussung des Befindens und der Persönlichkeitsentwicklung.
4) Integratives Reiten ist eine medizinisch wertvolle Freizeitgestaltung für Reiter*innen mit körperlichen, geistigen oder Sinnes- Behinderungen. Ein ärztliches Einverständnis sollte vorliegen. Der Unterricht erfolgt durch ausgebildete Reitwarte. Die Größe, das Temperament und auch die Rumpfbreite des Pferdes werden auf die Bedürfnisse der Reiter*innen abgestimmt. Integratives Reiten fördert körperliche und seelische Fertigkeiten bzw. deren Wiederherstellung.
Equotherapie ist eine Sparte des HPV/R mit spezifischen therapeutischen Settings.
Quellen:
https://www.oktr.at
http://www.therapie-am-pferd.at/
https://lichtblickhof.at/
https://www.pferdaustria.info